Menschen und Tiere bewegen sich im Zusammenspiel von Nerven, Muskeln und Sehnen. Licht- oder Temperaturveränderungen nehmen wir über die Augen und die Haut wahr. Aber wie funktioniert das bei Pflanzen?

Das Leben auf der Erde muss mit verschiedensten Umständen umgehen: hell, dunkel, warm, kalt, feucht, trocken… manche Bedingungen ändern sich regelmässig im Laufe des Tag-Nacht-Rhythmus. Um sich diesen regelmässigen Veränderungen anzupassen, haben Pflanzen – wie auch Menschen und Tiere – eine innere Uhr entwickelt. Diese «zirkadiane Uhr» läuft auf molekularer Ebene in allen Pflanzenzellen und steuert den 24-Stunden-Zyklus. Sogar wenn eine Pflanze ins Dunkle gesetzt wird, läuft ihr Tag-Nacht-Rhythmus noch einige Tage weiter: die Uhr fährt fort zu «ticken».

A. Die zirkadiane Uhr ermöglicht es Pflanzen, den Wechsel von Tag und Nacht zu antizipieren. B. Die Bewegungen der Pflanzen (oft als Reaktion auf die Tag-Nacht-Sequenzen), wie hier in den Arbeiten von Charles Darwin (1880). C. An der circadianen Uhr sind komplexe zelluläre Regulierungen beteiligt.

Woher wissen Pflanzen, wie spät es ist?

Über ein komplexes System von Regulatoren, die einen 24-Stunden-Zyklus aufrechterhalten, steuern Pflanzen den Tag-Nacht-Rhythmus. Bei den Regulatoren handelt es sich um Proteine (Eiweisse), die durch Umweltfaktoren wie die Wellenlänge des Lichts synchronisiert werden. Der erste Regulator wird morgens aktiviert und während seine Konzentration steigt, beginnt er den "Nachmittags"-Regulator zu aktivieren. Dieser wiederum hemmt den ersten Regulator immer mehr, bis dann morgens alles wieder von vorne anfängt. Ein ganzer Bereich der Biologie, die Chronobiologie, widmet sich dem Verstehen dieser inneren Uhr. Pflanzen, die sich entsprechend einer an die Umwelt angepassten zirkadianen Uhr verhalten, binden mehr Kohlenstoff, wachsen schneller und haben bessere Überlebenschancen als Pflanzen mit einem abweichenden Rhythmus.

Wie bewegen sich Pflanzen ohne Muskeln?

Es gibt verschiedene Mechanismen, wie Pflanzen ihre Blütenblätter ganz ohne Muskeln bewegen. Sie können z.B. die Flüssigkeit in ihren Zellen regulieren und diese dadurch ausdehnen oder zusammenziehen. Manchmal sind auch Wachstumsbewegungen involviert und bei manchen Blüten reicht der Feuchtigkeitsunterschied zwischen dem Inneren und dem Äußeren, um die Blütenblätter zu bewegen. Die Geschwindigkeit, mit der sich Blüten öffnen, ist von Art zu Art unterschiedlich. Die Blüten der Nachtkerze (Oenothera spp.) brauchen dafür etwa 20 Minuten, die des Efeus (Hedera helix) nur 5.